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Was ist eine Lieferkette?

Eine Lieferkette ist eine Zulieferkette.
Es wird etwas zum Produktionsprozess hinzu geliefert.
Das sind ganz zuerst im Produktionsprozess Rohstoffe und dann eine Vielzahl von Produktionsdienstleistungen.

Der englische Ausdruck für Lieferkette, „Supplychain“, drückt dies deutlicher aus. Es geht um eine Zurverfügungstellung für den Gesamtproduktionsprozess, an vielen verschiedenen Punkten, zu vielen verschiedenen Zeitpunkten.

Eine Lieferkette ist also nicht eine Auslieferungskette hin zum Kunden, nicht so etwas wie Amazon.
Die Lieferkette befindet sich innerhalb der Herstellung eines Produkts.
In der heutigen erdumspannenden, arbeitsteiligen Produktion ist die Lieferkette (=Zulieferkette) identisch mit der Produktion hin zu einem verkaufsfertigen Produkt.

In Europa kennen wir das von der Autozulieferindustrie. Weltweit gibt es die übliche Vorgehenweise der "Ontime"-Produktion. Da wird ein Teil genau zum richtigen Zeitpunkt für die Weiterproduktion "zur Verfügung gestellt", die an sehr unterschiedlichen Orten stattfinden kann. - In der Textilindustrie sprechen manche Quellen von bis zu 100 Stationen.

Je nach Produkt können Lieferketten (=Produktionsketten) verschiedene Strukturen haben. Es macht einen Unterschied, ob ein Auto oder ein Smartphone, Kaffee oder Schokolade oder ein T-Shirt hergestellt werden.
Aber einiges ist überall gleich: In allen Lieferketten geht es um Rohstoffe und (fast) alle Lieferketten haben ein menschenrechtliches Problem. Das menschenrechtliche Problem ist mitunter sogar ganz erheblich.

Es gibt noch eine andere Ähnlichkeit zwischen allen Lieferketten: Der untere Bereich der Lieferketten liegt für die meisten Unternehmen im Dunkel.
Warum ist das so?
Die für das Endprodukt verantwortlichen geschäftstätigen Unternehmen befinden sich in der Mehrzahl im reichen globalen Norden. Die Rohstoffgewinnung und die arbeitskräfteintensiven Veredelungs- und Weiterverarbeitungsprozesse finden überwiegend im armen globalen Süden statt. Die Unternehmen, die die Geschäftsidee hatten und sie planerisch umsetzen, sitzen weit weg von ihren ausgelagerten Werkbänken irgendwo in der Welt.
Hier ist jetzt ein Punkt sehr wichtig!
Gesamtproduktionsprozesse werden nicht durch eine einzige Eigentümerschaft vereint, sondern von einem Netz von Verträgen. Das heißt, Lieferketten, die fast immer vom Norden in den Süden und wieder zurück reichen, werden durch Verträge zusammengehalten.

Hier jetzt das Stukturproblem, das zu Menschenrechtsverletzungen in der Lieferkette führt:
Die Verträge im unteren Bereich der Lieferketten, werden von den Unternehmen im Norden mit Dienstleistern geschlossen, die wiederum für die Einhaltung der Verträge garantieren, unter welchen Umständen auch immer. Fast alle Verträge zu fast allen Lieferketten haben eine Qualitätsschwelle, einen Kipppunkt zwischen zwei unterschiedlichen vertraglichen Hemisphären; hier der demokratisch und menschenrechtlich standardisierte Norden, dort der bequem unkontrollierte Bereich in oft undemokratischen Staaten mit schlechten menschenrechtlichen Standards.
Der Manager im Norden, der Verträge schließt, um seine Lieferkette abzusichern, sieht mit seiner demokratisch, menschenrechtlichen Brille nur bis zu diesem Kipppunkt, danach übernehmen andere. Deswegen ermangeln die Verträge im unteren Bereich der Lieferketten ethisch menschenrechtlichen Standards oder sie besitzen sie gar nicht.

Hier nur ganz kurz, weil in einem anderen Beitrag ausführlicher:
Ist der Manager im Norden verantwortlich für die Menschenrechtsprobleme im Süden?
Antwort: Juristisch nicht, menschlich nur bedingt und vom Maßstab der ethisch manchmal hohen Unternehmensphilosophie auch nicht.
Von schwarzen Schafen abgesehen, die es viel zu viele gibt, ist ein Hauptproblem die Unwissenheit. Ein weiteres Problem im Zusammenhang mit der menschenrechtlichen Qualität von Lieferketten, ist der Konkurrenzdruck zwischen den Unternehmen, der sich finanziell ausdrückt. Die Unwissenheit am unteren Ende der Lieferkette in Wissen und damit Verantwortung umzuwandeln, würde zum Teil erhebliche Kosten verursachen. Hier wünschen sich verantwortliche Unternehmen ein "Level Playing Field", gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle, die durch ein Lieferkettengesetz hergestellt werden sollen.

Lutz Hausmann, Weltladen Bahnhof Wandlitzsee

Letzte Änderung am: 26.09.2020